Stellungnahme zur neuen Erfurter Gleichstellungsbeauftragten

Mit großer Sorge und deutlicher Kritik verfolgt das Thüringer Antidiskriminierungsnetzwerk (thadine) die Ernennung von Susette Schubert zur Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Erfurt.

 

Die Äußerungen und persönlichen Haltungen von Susette Schubert zum Thema Transgeschlechtlichkeit, die sie in der Vergangenheit mehrfach aktivistisch und öffentlich vertreten hat – unter anderem im Rahmen ihrer Vorstandstätigkeit im Verein Frauenheldinnen e.V. – stehen in einem unauflöslichen Widerspruch zum Gleichstellungsauftrag (und damit gleichsam zum Antidiskriminierungsauftrag) des Amtes einer Gleichstellungsbeauftragten. Diese sollte sich für die Rechte aller Geschlechter einsetzen, anstatt eine diskriminierende Haltung gegenüber bestimmten Gruppen einzunehmen und Transgeschlechtlichkeit als gesellschaftsgefährdende Bedrohung zu delegitimieren.

Als Thüringer Antidiskriminierungsnetzwerk setzen wir uns für die Rechte aller Menschen ein, insbesondere auch unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität. Daher begrüßen wir, dass der Gesetzgeber mit der Ablösung des „Transsexuellen-Gesetzes“ durch das Selbstbestimmungsgesetz in 2024 sowohl juristische als auch medizinisch-therapeutische Mehrheitspositionen zum Thema Transgeschlechtlichkeit umgesetzt hat: Allein trans* Personen können Auskunft über ihre geschlechtliche Verortung geben.

Susette Schubert sprach in der Vergangenheit jedoch von einer angeblichen „Transgender-Ideologie“[1] und unterstellte trans* Personen unter anderem ihre Geschlechtsidentität zum Eindringen in Frauenschutzräume zu missbrauchen. Wir sind der Überzeugung, dass eine solche Haltung nicht den grundlegenden Prinzipien von Gleichstellung und Antidiskriminierung entspricht. Eine Person, die trans* Menschen derart delegitimiert, kann nicht glaubwürdig die Interessen aller Geschlechter vertreten und ist damit für das Amt einer Gleichstellungsbeauftragten ungeeignet.

Die Thüringer Landesverfassung, das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sowie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbieten eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts. Mit Beschluss vom 10. Oktober 2017 stellte bereits das Bundesverfassungsgericht fest, dass der Schutzrahmen von Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG auch die geschlechtliche Identität von Menschen umfasst, die sich dauerhaft weder dem männlichen, noch dem weiblichen

Geschlecht zuordnen lassen.[1] Ebenso hat der Europäische Gerichtshof bereits 1996 transgeschlechtliche Personen anerkannt und in den Diskriminierungsschutz einbezogen.[2] Vor diesem Hintergrund muss das Thüringer Gleichstellungsgesetz dahingehend ausgelegt werden, dass Gleichstellungsbeauftragte aktiv die Gleichstellung auch von trans* Personen bewirken müssen.

Das Vertrauen der trans* Community in die derzeitige Gleichstellungsbeauftragte ist durch die Äußerungen und das Engagement von Susette Schubert nachhaltig beschädigt. Es muss Aufgabe der Stadtverwaltung sein, dieses Vertrauen wiederherzustellen.

Daher fordern wir die Abberufung von Susette Schubert als Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Erfurt. Die Stelle muss mit einer Person besetzt werden, die sich vorbehaltlos für die Gleichstellung aller Geschlechter einsetzt. Wir appellieren an die Stadtverwaltung Erfurt, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und ein Zeichen für Vielfalt und Gleichberechtigung zu setzen.

Das Thüringer Antidiskriminierungsnetzwerk thadine ist ein Netzwerk nicht-staatlicher Organisationen und Aktivist*innen aus verschiedenen Bereichen der Sozialen Arbeit, Bildung, politischen Arbeit und Wissenschaft. Das Netzwerk umfasst Selbstorganisationen von Diskriminierung betroffener Gruppen ebenso wie Organisationen ohne explizite Community-Anbindung. Unser Ziel ist es, eine gelebte Antidiskriminierungskultur im Land Thüringen zu etablieren. Das Netzwerk berät, unterstützt und vernetzt Menschen, sensibilisiert Organisationen, Institutionen sowie die breite Öffentlichkeit zu Diskriminierung und Antidiskriminierungsarbeit als wichtiges Querschnittsthema.

Erfurt, 08.03.2025

Thüringer Antidiskriminierungsnetzwerk (thadine)

                                                                           

Adresse: Thälmannstr. 50, 99085 Erfurt

Koordinatorin: Caroline Ellenberger

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[1] Bundesverfassungsgericht (Hrsg.): Beschluss vom 10. Oktober 2017. In: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/10/rs20171010_1bvr201916.html

[2] Europäischer Gerichtshof (Hrsg.): Urteil des Gerichtshofes 30. April 1996. In: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX%3A61994CJ0013

 

[1] Schubert, Susette: Auswirkungen des sog. Selbstbestimmungsgesetzes (SBG) auf Lesben. In: https://radfemberlin.de/reden-auf-deutsch#Susette_Schubert, Stand 03.03.2025

 

 

Öffentliche Stellungnahme des Thüringer Antidiskriminierungsnetzwerks als pdf

Thüringer Antidiskriminierungsnetzwerk

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